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Interview mit Jivamukti Yogalehrerin Gabriela Bozic

YogaRelations: Im Einklang mit sich selbst - wie kommt man dorthin?

Gabriela Bozic: Im Einklang mit sich selbst zu sein bedeutet seine Licht- und Schattenseiten anzunehmen und sich selbst so kennenzulernen und zu akzeptieren, wie man ist - mit den Sonnenseiten, mit den Tugenden, mit all den Dingen, die wir an uns und anderen mögen, und gleichzeitig seine Schattenseiten, und die der anderen.

Jeder von uns fühlt manchmal auch Sachen, die wir gerade als Yogi meinen wir dürften sie nicht fühlen: Eifersucht, Neid, Unsicherheit und Zweifel. All das sind menschliche Eigenschaften, die auch ein Yogalehrer oder Yogaschüler erfährt. Und wenn man nicht imstande ist, das ganze Spektrum der eigenen Persönlichkeit zu umarmen, auf Englisch sagt man so schön "to own" (sie zu besitzen), dann ist man eben nicht man selbst. Dann ist man höchstens im Einklang mit einem Wunschbild von etwas, aber nicht mit dem, was wir in der Tat sind. Also wenn man alle Facetten seiner Persönlichkeit umarmt, dann sind Seele, Herz und Ego im Einklang. Das Ego ist nämlich nicht etwas was wir loswerden wollen, wie man so oft in der Yogawelt salopp sagt. Das Ego brauchen wir, um hier existieren zu können, um auf der Welt sein zu können, um die Arbeit zu verrichten, die wir alle haben. Jeder hat seine Arbeit und seine Talente. Aber sich vom Ego leiten zu lassen, damit beginnen die Schwierigkeiten. Dann können ganz absurde Glaubenssätze entstehen wie: Ich muss und kann alles in meinem Leben unter Kontrolle haben oder Ich darf keine Schwäche zeigen.

Deswegen ist im Yoga das Konzept der Hingabe und die Akzeptanz des größeren Plans unheimlich wichtig: Ishvara Pranidhana von Patanjali. Ishvara Pranidhana bedeutet Hingabe an das Göttliche, Hingabe an die göttliche Kraft, auch Demut im gewissen Sinne oder die Offenheit gegenüber dem Unvorhersehbaren, wie mein Lehrer und Kollege Sriram sagt. Ansonsten fangen wir an zu glauben, dass wir jederzeit die Kontrolle über die Ergebnisse unserer Handlungen, das Leben, oder über Dinge, Situationen und uns selbst haben können.

Letztendlich geht es darum, mit Ziel, Motivation und Leidenschaft zu leben und zu arbeiten, ohne ausgerichtet zu sein auf die Ergebnisse und die Früchte der Taten, die wir tun. Da wir aber in der westlichen Gesellschaft trainiert und konditioniert sind Profit zu maximieren und unser Leben danach auszurichten, gehen wir immer weiter, schneller und höher ohne Rücksicht auf die Verluste, um ein Ziel zu erreichen und sind enttäuscht und frustriert, wenn es nicht klappt. Motivation und Aktivismus sind keine Garantie, dass wir genau DAS erreichen werden, was wir uns als Ziel gesetzt haben.

Aber darum geht es nicht - Jesus - um ihn mal als Beispiel zu nehmen - hat nicht geschafft, das zu erfüllen, was er vorhatte. Er wollte die ganze Welt retten, hat es aber nicht geschafft. Er wurde gekreuzigt. War sein Leben deswegen umsonst? Hat er deswegen nichts bewirkt? Millionen von Menschen sind von ihm inspiriert worden. So viele Leute wurden von seiner Lehre der Nächstenliebe berührt. Er war übrigens auch ein Yogi. Dennoch hat er eigentlich nicht das geschafft, was er wirklich vorhatte: Frieden auf Erden und ein liebevolles Miteinander. Trotzdem war sein Leben erfüllt und wertvoll aufgrund dessen, was er vollbracht und wie er gelebt hat.

Im Einklang mit uns selbst können wir nicht sein, wenn wir meinen, dass wir nur bestimmte Eigenschaften besitzen und ausstrahlen sollen und den Rest auf andere projizieren. Oder als blinde Fanatiker, Yoga-Fanatiker, durch die Welt gehen, ohne die Grenzen der anderen und ihre Entwicklungsprozesse und -phasen zu respektieren. Manche Leute sind vielleicht noch gar nicht so weit beispielsweise die Vorteile der vegetarischen Ernährung zu verstehen, während es für einen Yogi selbstverständlich ist auf den Verzehr von Tieren zu verzichten. Und gerade darin besteht die Herausforderung der Akzeptanz. Lasse das Leben sich nach eigenen Regeln entfalten. It's all in God's time, wie ein alter Spruch so schön sagt.

Lieben Dank für dieses Interview.

Mehr über Gabriela Bozic

Gabriela Bozic
Gabriela Bozic ist studierte Sprachwissenschaftlerin, Mitgründerin und Leiterin der Jivamukti Yoga Center in München. Sie lernte von Sharon Gannon und David Life, den Gründern des Jivamukti Yoga, in New York und hat die Jivamukti Teacher Advanced Certification. Sie gibt Workshops und unterrichtet auf Yogakonferenzen weltweit. Ihre dynamische, leidenschaftliche Art, und Yoga als innere Transformationstechnik zu unterrichten, zeichnet sie aus.
Fotos © Gabriela Bozic

von Andrea Danke

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