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Interview mit den Jivamukti Gründern Sharon und David

Berlin, irgendwo am Fuße des Prenzlauer Bergs: 200 Menschen rollen Yogamatten in allen Farben aus und verwandeln ein puristisches Fotostudio in eine bunte Yogawelt. Kopfstand, Krähe, Krieger – viele üben schon Yoga bevor ihre Lehrer mit dem Unterricht beginnen. Sharon Gannon und David Life haben einen vollen Zeitplan. Heute Berlin, dann München, London, New York. Sie nehmen sich dennoch die Zeit Fragen zu ihrem Lehrerdasein zu beantworten.

YogaRelations freut sich einen Einblick in das Leben der Jivamukti Gründer David Life und Sharon Gannon zu geben. Sharon, David, gleich werdet ihr 200 Yogis und Yoginis unterrichten. Macht es für Euch einen Unterschied ob ihr vor so großen oder vor eher kleinen Gruppen unterrichtet? Was gefällt Euch lieber?

Sharon Gannon: Heutzutage unterrichten wir eigentlich meist 100 bis 200 Menschen. Für uns ist es wirklich ein Segen vor so vielen unterrichten und die Lehre von Yoga und Meditation an so viele Menschen weiter geben zu dürfen.
David Life: Ja, das stimmt! Was ist der Unterschied wenn man statt 20 Menschen 200 Menschen unterrichtet? Für uns gibt es dabei eigentlich keinen Unterschied. Wir versuchen immer - auch bei großen Gruppen- jeden einzelnen Menschen in unserem Unterricht so gut es geht individuell wahrzunehmen. Das ist eine Kunst, die ein guter Yogalehrer beherrschen sollte, egal wie groß seine Gruppe von Schülern ist.

YogaRelations: Was wollt ihr in eurem Unterricht besonders an eure Schüler weitergeben?
David Life: Das Thema Mitgefühl! Im Yoga geht es auch darum Mitgefühl zu allen anderen Lebewesen zu haben. Und wenn man sich mit diesem Thema beschäftigt, kommt man unweigerlich auf den Vegetarismus. Wir wollen dieses Thema wieder auf die Agenda der Yogis, eigentlich auf die Agenda aller Menschen bringen.

YogaRelations: War das immer Euer Hauptanliegen?
Sharon Gannon: Ja! Das hat uns dazu inspiriert und motiviert Yogalehrer zu werden. Wir wurden Yogalehrer um uns für die Rechte der Tiere, die Rechte aller Lebewesen auf ein freies Leben, einzusetzen. Es geht nicht darum, dass wir die Menschen zum Vegetariertum konvertieren wollen. Nein, wir wollen niemanden konvertieren. Wir wollen die Menschen nur darin bestärken zu erkennen, wie viel Stärke in Ihnen liegt und dass sie frei sind.

YogaRelations: Ich habe in einem eurer Interviews gelesen, dass ihr beide eigentlich sehr enttäuscht von der ersten Yogaklasse, die ihr als Schüler besucht habt, ward.
David Life: Ich bin zum ersten Mal in den 70er Jahren in eine Yogastunde gegangen. Ein paar Hippiefreunde haben gesagt, dass ich es unbedingt mal ausprobieren sollte. Ich bin in eine Stunde an der Uni gegangen und hatte wirklich mehr erwartet. Der Raum war im Keller und sehr dunkel. Es gab keine Musik und der Unterricht war unintelligent.

YogaRelations: Wie sieht denn eine intelligente Yogastunde für Euch aus?
Sharon Gannon: Sie sollte die Körperpositionen mit der Lehre aus den klassischen Yogaschriften verbinden. Eine Stunde, die Lehren Patanjalis beinhaltet kann nicht langweilig sein. Seine Schriften sind sehr wichtig für die Yogapraxis. Sie sind tausende von Jahren alt, aber immer noch hip und aufregend. Meine erste Yogaklasse hat mich auch gelangweilt, weil es eine bloße Aneinanderreihungen von Körperübungen war. Ohne den spirituellen Input nachdem ich mich damals gesehnt habe.

YogaRelations: Momentan kann man etwas erleben, was ich als Yogaboom bezeichnen würde. In Deutschland eröffnen überall neue Yogastudios in denen unglaublich viele verschiedene Yogastile unterrichtet werden. Was würdet ihr Menschen empfehlen, die den für sich richtigen Stil suchen?
Sharon Gannon: Eigentlich gibt es im Yoga kein Richtig und kein Falsch.

David Life: Ich sage den Leute: Haltet nicht nach diesem oder jenem Stil, dem richtigen Stil, Ausschau. Haltet Ausschau nach einem Lehrer, der euch berührt, zu dem ihr euch hingezogen und mit dem ihr euch verbunden fühlt. Die Verbindung zwischen Schüler und Lehrer ist wichtiger als jede äußere Dekoration oder jegliche Art von Markenname.

YogaRelations: Ihr habt euch aber auch für einen Markennamen entschieden.
David Life: Absolut. Wir haben einen Namen gewählt, der all das repräsentiert, was wir den Menschen beibringen wollen. All das, was wir selber erreichen wollen. Aber wenn jemand in eine Jivamukti Klasse kommt und keinen Spaß daran hat und sich nicht wohl fühlt, dann sollte er eher eine andere Richtung ausprobieren. Es kommt darauf an das zu finden, was für einen selber gut ist. Denn dafür kann man sich am ehesten einsetzen und bemühen.

YogaRelations: Ihr habt in eurem Unterricht über Abhyasa regelmäßige spirituelle Praxis als eins der wichtigsten Elemente im Yoga gesprochen. Wie sieht Eure tägliche Praxis aus?
Sharon Gannon: Meine Praxis ist auf jeden Fall sehr fordernd. Ich über jeden Morgen nach dem Aufstehen noch bevor ich meinen Raum verlasse. Wo auch immer dieser Raum sein mag. Wir sind viel unterwegs und wohnen deshalb oft im Hotel oder bei Freunden. Dennoch: jeden Morgen bevor ich irgendetwas anderes mache, über ich Yoga. Bevor ich dusche oder irgendetwas zu mir nehme. Die Praxis ist jeden Tag die gleiche: Ich spreche Gebete, singe Mantren, mache Atemübungen und spreche bestimmte Gottheiten an. Ich danke Ihnen für mein Leben uns sende Segnungen an verschiedene Menschen.

David Life: Ich mache auch jeden Tag die gleichen Übungen. Ich glaube ich würde sterben, wenn ich meine morgendliche Praxis nicht machen würde. Ich wende mich am Anfang immer im Geist an alle meine Lehrer und danke ihnen dafür, dass sie ihr Wissen an mich weiter gegeben haben und bitte sie mir Kraft für die morgendliche Praxis zu geben. Es ist ja auch für uns nicht immer einfach so früh am Morgen Yoga zu üben.

YogaRelations: Was macht denn für Euch einen guten Yogalehrer aus?
Sharon Gannon: Ein guter Yogalehrer sollte selber einen Lehrer haben, den er als solchen anerkennt. Der Lehrer sollte ihn als seinen Schüler ansehen und sie sollten eine gute Beziehung zueinander haben. Was ganz wichtig ist: Ein guter Lehrer übt selber jeden Tag Yoga. Und: Ein guter Lehrer muss Menschen mögen. Wenn jemandem das Glück der anderen Menschen relativ egal ist, dann sollte er wahrscheinlich kein Yogalehrer werden.

YogaRelations: Und wann darf sich jemand Eurer Meinung nach als Yogi bezeichnen?
Sharon Gannon: Ein Yogi strebt nach Erleuchtung. Es gibt Menschen, die Yoga üben, aber nicht wirklich Yogis sein wollen. Erleuchtung heißt für mich, dass man frei und wild leben kann, dass man bewusst lebt, mit dem Bewusstsein einer göttlichen Existenz.

David Life: Ein Yogi übt Yoga nicht nur einfach so, sondern mit einer gewissen Hingabe. Wer etwas erreichen möchte, der muss mit Hingabe üben. Egal, ob er ein Musiker sein möchte, ein Schriftsteller oder ein Yogi. Wer sich wirklich auf den Weg des Yoga einlassen möchte, der kann das nicht nur in Teilzeit. Yoga umfasst alle Aspekte unseres Lebens!

Sharon Gannon: Das Leben ist einfach zu kurz um Dinge nur halb zu machen. Man sollte seine Zeit mit Dingen verbringen, die dem eigenen Leben einen Sinn geben, mit denen man sich ausgefüllt fühlt. Es gibt so viele Menschen, die in ihrem Leben Dinge machen, die sie eigentlich nicht machen möchten. Aber schneller als man denkt ist das Leben vorbei. Ein Yogi gibt sich hin und genießt das Leben!

Daniela Singhal führte das Interview mit Sharon Gannon und David Life, den Gründern von Jivamukti Yoga am 27.11. 2010 in Berlin.

Mehr über Sharon und David

Jivamukti Yoga David Life und Sharon Gannon
David Life und Sharon Gannon gründeten 1989 Jivamukti Yoga, was sie seither in New York unterrichten. Jivamukti Yoga-Schulen gibt es mittlerweile weltweit. Der Stil verbindet eine fordernde Vinyasa-Praxis mit spirituellen Lehren und Mantrengesang. In Deutschland findet man die größten Jivamukti Schulen in München und in Berlin.
Alle Fotos sind copyright: © Guzman

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von Andrea Danke

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